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Steuerberatung
Porsche Cayenne Innen
von
Sebastian Wiggers, M.Sc.

Anscheinsbeweis für private Kfz-Nutzung

FG Köln vom 8.12.2022, 13 K 1001/19, EFG 2023, 797

Darf ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH einen ihm überlassenen Dienstwagen nur für betriebliche Fahrten nutzen, weil ein Privatnutzungsverbot vereinbart worden ist, spricht gleichwohl ein Anscheinsbeweis für die private Nutzung des Dienstwagens. Wird dieser Anscheinsbeweis nicht erschüttert, ist für die Privatnutzung eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des gemeinen Wertes der Privatnutzung anzusetzen, die das Einkommen der GmbH erhöht.

Hintergrund: 

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung bei einer Kapitalgesellschaft sind Vermögensminderungen (oder verhinderte Vermögensmehrungen) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind und sich auf den Steuerbilanzgewinn auswirken. Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (sogenannter Fremdvergleich). 

Sachverhalt

Die Klägerin war die B-GmbH, deren Alleingesellschafter der C war. Die B-GmbH stellte dem C einen neuen Porsche Cayenne als Dienstwagen zur Verfügung. Es wurde ein Privatnutzungsverbot vereinbart. C führte kein Fahrtenbuch, und er war auch nicht verpflichtet, den Dienstwagen abends auf dem Parkplatz der B-GmbH abzustellen und den Schlüssel abzugeben. C besaß privat einen Porsche Boxter, der 16 Jahre alt war und die Emissionsklasse Euro 2 aufwies. Das Finanzamt ging trotz des Privatnutzungsverbots von einer Privatnutzung des Dienstwagens aus und setzte diese in Höhe der sog. 1%-Methode als verdeckte Gewinnausschüttung bei der B-GmbH an, das heißt mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises zuzüglich der Kosten für die Sonderausstattung.

Entscheidung: 

Das Finanzgericht Köln folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist darin zu sehen, dass C den Dienstwagen trotz Privatnutzungsverbots auch privat genutzt hat. Hierfür spricht ein Anscheinsbeweis, nach dem vermutet werden kann, dass ein beherrschender Gesellschafter einen ihm überlassenen Dienstwagen auch dann privat nutzt, wenn ein Privatnutzungsverbot vereinbart ist. Der Anscheinsbeweis kann jedoch erschüttert werden. So kann durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch belegt werden, dass der Wagen nicht privat genutzt worden ist. Es können auch organisatorische Maßnahmen getroffen werden, nach denen der Dienstwagen abends auf dem Parkplatz der GmbH abzustellen und der Schlüssel abzugeben ist. Der Anscheinsbeweis kann ferner dadurch erschüttert werden, dass der beherrschende Gesellschafter privat über ein mindestens gleichwertiges Fahrzeug verfügt, das er jederzeit nutzen kann. Im Streitfall ist der Anscheinsbeweis nicht erschüttert worden, weil keine der genannten Möglichkeiten genutzt worden ist. Insbesondere war der private Porsche Boxter kein gleichwertiges Fahrzeug; denn der Boxter war bereits 16 Jahre alt, hatte lediglich zwei Sitze und konnte wegen der Emissionsklasse Euro 2 nicht in städtischen Umweltzonen genutzt werden. Da ein Privatnutzungsverbot vorlag, war die Privatnutzung als verdeckte Gewinnausschüttung zu bewerten. Maßgeblicher Wert ist der sogenannte gemeine Wert, also der Wert, der grundsätzlich bei Anmietung eines derartigen Fahrzeugs gezahlt werden müsste. Da die B-GmbH aber keine Autovermietung betrieb, konnte auf die tatsächlich entstandenen Kfz-Kosten zurückgegriffen werden, die um einen Gewinnzuschlag von 5 % bis 10 % sowie um die Umsatzsteuer von 19 % zu erhöhen waren. Dieser Wert war zwar höher als der vom Finanzamt im Wege der sog. 1%-Methode ermittelte Wert; jedoch war dem Finanzgericht eine Verböserung, d. h. Verschlechterung der Position der B-GmbH, aus verfahrensrechtlichen Gründen verwehrt.

Hinweis: 

Hätte es kein Privatnutzungsverbot gegeben, wäre die Privatnutzungsmöglichkeit Teil des Gehalts für C gewesen, so dass er einen geldwerten Vorteil nach der sogenannten 1%-Methode hätte versteuern müssen. Bei Arbeitnehmern, die nicht beherrschende Gesellschafter sind, führt ein Privatnutzungsverbot dazu, dass kein geldwerter Vorteil zu versteuern ist. Denn es kann nicht unterstellt werden, dass der Arbeitnehmer gegen das Privatnutzungsverbot verstößt. Im aktuellen Fall des Finanzgerichts geht es aber um einen beherrschenden Gesellschafter; bei ihm besteht die Besonderheit, dass es zwischen ihm und der GmbH keinen Interessenkonflikt gibt und dass er im Fall eines Verstoßes keine Sanktionen befürchten muss.

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