Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften
§ 6 Absatz 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001) ist mit dem Grundgesetz unvereinbar (Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes), soweit er eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ausschließt.
Hintergrund:
Hintergrund für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war die Frage, ob die (unmittelbare) Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsgutes zwischen dem Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften steuerneutral nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001) möglich sei.
Sowohl das BMF (vom 20.11.2019 Rz.18) als auch der I. Senat des BFH (vom 25.11.2009, I R 72/08, BStBl. II 2010 S. 471) haben diese Frage verneint mit der Begründung, dass genau diese Konstellation der Übertragung eben nicht in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geregelt worden sei und dass aufgrund der historischen Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens hier auch nicht von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ausgegangen werden könne. Auch könne diese Übertragungsmöglichkeit nicht als Überführung ohne Rechtsträgerwechsel von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen analog zur Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG gewertet werden, da in dieser Konstellation und vor dem Hintergrund der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der jeweiligen Personengesellschaft von einer Übertragung mit Rechtsträgerwechsel auszugehen sei.
Genau entgegengesetzt entschied der IV. Senat des BFH (vom 15.04.2010, I R 72/08, BStBl. II 2010 S. 971) diese Frage mit dem Argument, dass auf diese Konstellation zwar nicht § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, aber § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG bei verfassungskonformer Auslegung anwendbar sei, denn bei transparenter Betrachtung werde das Wirtschafsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Gesellschafters überführt. Ansonsten würde es durch die Aufdeckung stiller Reserven zu einer im Sinne des Folgerichtigkeitsgebots gleichheitswidrigen Besteuerung führen, denn sie kann sich weder auf die gesteigerte Leistungsfähigkeit des Gesellschafters, noch auf eine Entstrickung und noch nicht einmal auf die erhöhte Gefahr einer späteren unbemerkten Entstrickung stützen.
Vor dem Hintergrund dieser uneinheitlichen Rechtsprechung hat der I. Senat des BFH das Bundesverfassungsgericht gebeten zu entscheiden, ob die aus seiner Sicht fehlende gesetzliche Möglichkeit einer Buchwertfortführung bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG darstellt.
Entscheidung:
§ 6 Abs. 5 EStG (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001) kann nicht auf die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen dem Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Personengesellschaften erstreckt werden.
Der daraus folgende Ausschluss der Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil Wirtschaftsguttransfers zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften sowohl gegenüber Wirtschaftsguttransfers zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen als auch gegenüber anderen Wirtschaftsguttransfers im Kreis der Mitunternehmerschaft benachteiligt werden.
Eine verfassungskonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung kommt nicht in Betracht.
Folgen:
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 eine Neuregelung zu treffen.
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001) bleibt bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung mit der Maßgabe anwendbar, dass die Vorschrift mit Wirkung für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 auch gilt, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen Personengesellschaft übertragen wird.