
Entwurf einer Neufassung des IDW S1 (IDW ES 1 n.F.) veröffentlicht
Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hat im November 2024 den langerwarteten Entwurf einer Neufassung des Standards IDW S1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW ES 1 n.F.) veröffentlicht. Die Neufassung stellt eine grundlegende Überarbeitung des aktuell gültigen IDW S1 i.d.F. 2008 dar und bringt einige wesentliche Änderungen mit sich, welche aktuelle Entwicklungen in der Bewertungspraxis abbilden sollen.
Die vorgestellten Neuerungen umfassen insbesondere folgende Punkte:
- Der Standard wurde einer grundlegenden Neugliederung des Aufbaus sowie begrifflichen Modernisierungen unterzogen.
- Die Eigenverantwortlichkeit des Gutachters wird ausdrücklich herausgestellt, durch die künftige Unterscheidung der vorhandenen Managementplanung als Ausgangsbasis der Planung der Zukunftserfolge sowie der Zukunftserfolgsplanung als eigentliche Bewertungsgrundlage. Die Verantwortlichkeit für die Zukunftserfolgsplanung ergibt sich dabei aus der jeweiligen Funktion, in welcher der Bewerter tätig wird.
- Der neben der Funktion des Bewerters als neutraler Gutachter werden mit dem neuen Standard neue Funktionen als neutraler Sachverständiger oder als Berater eingeführt. Die Funktion des Bewerters definiert die Verantwortung, welche er hinsichtlich des Umfangs der verwendeten Informationen und der Plausibilitätsbeurteilungen der der Zukunftserfolgsplanung zugrunde gelegten Annahmen übernimmt.
- Vor dem Hintergrund neuerer Entwicklungen aus dem nationalen und internationalen Bewertungsumfeld wurde das Konzept des objektivierten Werts fortentwickelt. Die Objektivierung bei der Ermittlung der Zukunftserfolge soll dabei gestärkt werden, indem auf die Perspektive von umfassend informierten Eigenkapitalgebern mit ausschließlich finanzieller Zielsetzung ohne Einfluss auf die Geschäftspolitik abgestellt wird. Bei der Plausibilisierung der Planungsannahmen gewinnt dabei die Verwendung interner und externer Daten an Bedeutung.
- Abweichend vom bisherigen Verständnis des IDW S1, nach welchem auf zum Stichtag „eingeleitete“ oder „im Unternehmenskonzept dokumentierte Maßnahmen“ abzustellen ist, erlaubt der neue Standard bei der Ermittlung objektivierter Werte aus der Perspektive umfassend informierter Eigenkapitalgeber mit ausschließlich finanzieller Zielsetzung ohne Einfluss auf die Geschäftspolitik zu erwartende Maßnahmen künftig unter bestimmten Umständen einzubeziehen.
- Mit dem plausibilisierten Entscheidungswert wird neben dem objektivierten Wert im Rahmen des subjektiven Entscheidungswerts ein neues Wertkonzept eingeführt.
- Eine Öffnungsklausel erlaubt künftig generell in Bewertungsfällen, in denen das Interesse und Informationsbedürfnis auf Ebene von Kapitalgesellschaften im Vordergrund steht, eine Bewertung vor Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner.
- Die Beurteilung langfristiger Erwartungen mit Fokus auf Transformationsprozesse und Trends sowie die Frage der übertragbaren Ertragskraft und Lebensdauer eines Unternehmens werden bei der Ableitung des nachhaltigen Ergebnisses (ewige Rente) hervorgehoben.
- Verknüpfungen mit anderen IDW Praxis- und Bewertungshinweisen wie dem IDW PH 1/2014 zur Bewertung von KMU, dem IDW PH 2/2017 zur Beurteilung von Unternehmensplanungen bei Bewertung, Restrukturierungen, Due Diligence und Fairness Opinion sowie dem IDW Bewertungshinweis 5.011 zur Berücksichtigung des Verschuldungsgrads bei der Bewertung von Unternehmen werden vertieft berücksichtig.
- Auch marktpreisorientierte Bewertungsverfahren (Multiplikatorverfahren) werden umfangreicher als bisher berücksichtigt.
Mit der Veröffentlichung der Entwurfsfassung wird dem Berufsstand und der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben, zu den vorgestellten Änderungen und Neuerungen Stellung nehmen und bis zum 31. Mai 2025 Änderungs- und Ergänzungsvorschläge einzureichen. Anschließend erfolgt die endgültige Verabschiedung des Entwurfs. Eine vorzeitige Anwendung des neuen Standards ist ausdrücklich nicht zulässig, er ist erstmals anzuwenden auf Bewertungsstichtage nach Veröffentlichung des (finalen) Standards.