Newsletter
Group 2 Created with Sketch.
Steuerberatung
Man am Computer

Verrechnungspreise: Erhöhte Anforderungen an konzerninterne Finanzierungsbeziehungen

Ein Blick auf die vom BMF überarbeiteten Verwaltungsgrundsätze (im Entwurf) hinsichtlich konzerninterner Finanzierungsbeziehungen vom 6. Juni 2023.

Durch Einführung des § 1 Abs. 3d Außensteuergesetz (AStG) im Rahmen des Wachstumschancengesetzes 2024 setzt der Gesetzgeber neue Maßstäbe für die Beurteilung grenzüberschreitender, konzerninterner Finanzierungsbeziehungen. Dies betrifft insbesondere weitere Nachweispflichten des Steuerpflichtigen in Bezug auf die Notwendigkeit der Finanzierungsbeziehung an sich und dessen Möglichkeit der Rückführung (dem Grund nach) sowie in Bezug auf die Fremdüblichkeit des Zinssatzes, welche u.a. durch ein (Gruppen-)Rating substantiiert werden soll.

Grundsätzlich sind die Regelungen des § 1 Abs. 3d AStG erst auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 1. Januar 2024 zivilrechtlich vereinbart bzw. tatsächlich durchgeführt wurden. Bestandsschutz für bestehende Finanzierungsbeziehungen gilt jedoch nur, wenn diese nach dem 31.12.2023 nicht wesentlich geändert oder nicht über den 31.12.2024 fortgeführt werden. 

Hintergrund

In Deutschland unterliegen Gesellschafter- und Konzernfinanzierungen im Wesentlichen zwei prominenten Regelungen, die einen Ansatz von Zinsaufwand oder dessen Abziehbarkeit als Betriebsausgabe einschränken. Dies ist zum einen die sog. Zinsschrankenregelung (§ 4h EStG i.V.m. § 8a KStG), die einen Abzug von Zinsaufwendungen ab einem bestimmen Volumen einschränkt sowie zum anderen der allgemeingültige Fremdvergleichsgrundsatz, wonach Zinsvereinbarungen wie unter fremden Dritten vereinbart werden müssen, wodurch es im Falle einer Missachtung dem Grunde und der Höhe nach ebenfalls zu Einschränkungen hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung als Betriebsausgabe kommen kann.

Die deutsche Finanzverwaltung hat in einem Entwurfspapier vom 14. August 2024 ihre Ansicht zum Erfüllen der in § 1 Abs. 3d AStG gestellten Anforderungen hinsichtlich gruppeninterner Finanzierungsaktivitäten veröffentlicht, welche künftig explizit auf Basis einer Funktions- und Risikoanalyse zu erfolgen haben. Ob und inwiefern eine relevante Finanzierungsbeziehung vorliegt, ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung basierend auf dem tatsächlichen Geschäftsvorfall zu untersuchen.

Im Nachfolgenden gehen wir im Einzelnen auf die Regelung des § 1 Abs. 3d AStG und die Ansichten der deutschen Finanzverwaltung näher ein:

Finanzierungsbeziehung dem Grund nach, § 1 Abs. 3d Satz 1 Nr. 1 AStG

Wortlaut der Regelung:

„Es entspricht nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz, wenn ein aus einer grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe resultierender Aufwand die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemindert hat und 

1. der Steuerpflichtige nicht glaubhaft machen kann, dass er 

a) den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit dieser Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbringen können und

b) die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet…“

Das wesentliche Kriterium dieser Nr. 1 ist das erwartete Erbringen bzw. Bedienen können des Kapitaldienstes (Zins- und Tilgungszahlungen) seitens des schuldenden Unternehmens sowie die ernstliche Abrede der Kapitalüberlassung. Dies muss gegenüber der Finanzverwaltung glaubhaft gemacht werden, d.h. den Steuerpflichtigen trifft hier die Beweislast.

Insbesondere gilt es festzustellen, ob der Schuldner von Anfang an über ausreichend Vermögenswerte oder (erwartete) Einzahlungsströme verfügt, um den Darlehensgeber zu befriedigen. Hierzu ist eine Gesamtschau der Verhältnisse vorzunehmen, in der auch durch die Kapitalüberlassung erworbene Vermögenswerte und sonstige künftige Einzahlungsströme berücksichtigt werden. Der Nachweis, dass der Kapitaldienst erbracht werden kann, kann bspw. anhand einer Prognoserechnung erfolgen, welche auch eine Anschlussfinanzierung beinhalten kann.

Folgende weitere Indikatoren sind für die Beurteilung des Gesamtbildes heranzuziehen:

  • Gibt es einen festen Rückzahlungstermin?
  • Wie sehen die Verpflichtungen und Modalitäten hinsichtlich der Zahlung der Zinsen aus?
  • Inwiefern hat der Gläubiger das Recht auf Durchsetzung der Kapital- und Zinszahlungen?
  • Inwiefern hat der Empfänger der finanziellen Mittel die Fähigkeit, Darlehen unter vergleichbaren Bedingungen von unabhängigen Dritten aufzunehmen?

Ferner verlangt das Gesetz, dass die Finanzierung auch wirtschaftlich benötigt wird. Hier stellt sich die Frage, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter – unter Abwägung von Handlungsalternativen – ebenfalls zu diesen Konditionen eine Finanzierung am Markt aufnehmen würde, was nach der Ansicht der Finanzverwaltung stets dann gegeben ist, wenn „eine begründete Aussicht auf eine Rendite besteht, die die Finanzierungskosten deckt“.

Weiter bedarf es einer Verwendung der finanziellen Mittel im Einklang mit dem Unternehmenszweck. Nicht im Einklang mit dem Unternehmenszweck steht nach Ansicht der Finanzverwaltung eine Anlage der Mittel auf einem Tagesgeldkonto oder eine Einlage in ein Cash Pooling, insbesondere dann nicht, wenn keine höhere Rendite erwartet wird. Eine Aufnahme der Mittel für Zwecke einer Gewinnausschüttung ist dabei allerdings unschädlich.

Der wirtschaftliche Bedarf und die Verwendung des Kapitals hängen regelmäßig miteinander zusammen, sodass z.B. eine kurzfristige Anlage eines Kapitalpuffers im unternehmensinternen Cash Pooling nicht schädlich ist, sofern es sich nur um einen zeitlichen Versatz zum tatsächlichen Finanzierungsvorhaben handelt.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3d Satz 1 Nr. 1 AStG sind kumuliert zu erfüllen. Die Glaubhaftmachung muss substantiiert und in sich schlüssig sein. Es genügt gemäß der Finanzverwaltung, dass die Kriterien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfüllt werden. 

Fremdüblicher Zinssatz, § 1 Abs. 3d Satz 1 Nr. 2 AStG

Wortlaut der Regelung:

„… oder

2. soweit der seitens des Steuerpflichtigen zu entrichtende Zinssatz für eine grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehung mit einer ihm nahestehenden Person den Zinssatz übersteigt, zu dem sich das Unternehmen unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten finanzieren könnte. Wird im Einzelfall nachgewiesen, dass ein aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, ist dieses bei der Bemessung des Zinssatzes zu berücksichtigen.

Bei der Bestimmung eines angemessenen, fremdüblichen Zinssatzes kommt es neben Faktoren wie Finanzierungszweck, regulatorische Rahmenbedingungen, Laufzeit, Währungsrisiken, ESG-Risiken, Darlehensvolumen oder Besicherung insbesondere auf die Bonität des Schuldners an.

Grundsätzlich stellt diese Regelung auf die Bonität bzw. Kreditwürdigkeit der gesamten Unternehmensgruppe (sog. Konzern- oder Gruppenrating) ab, es sei denn, die Bonität des betreffenden Darlehensnehmers ist besser. Das für die Bonität zugrundeliegende Konzern-oder Gruppenrating basiert vornehmlich auf dem Abschluss sowie der Planung der Unternehmensgruppe bzw. des Konzerns.

Die gestellten Anforderungen der Finanzverwaltung an das Rating sind hoch. Es müssen quantitative und qualitative Faktoren einbezogen und Verzerrungen mit nahestehenden Personen eliminiert werden, das Rating muss nachvollziehbar und reproduzierbar sowie auf Basis einer marktüblichen Ratingmethodik erstellt worden sein.

Vorrang hat ein Rating gemäß Artikel 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 in der jeweils geltenden Fassung, welches privat beauftragten Ratings über eine Ratingagentur, die zu keiner öffentlichen Bekanntgabe oder Weitergabe bestimmt sind, vorzuziehen sind. Es besteht ferner die Möglichkeit, ein Rating unter der Zuhilfenahme einer am Markt üblichen Ratingsoftware zu erstellen, wobei in diesem Fall zu dokumentieren ist, wie qualitative Faktoren sachgerecht berücksichtigt wurden.

Verfügt die Unternehmensgruppe über kein Rating, kann auf ein bestehendes Rating der obersten Gruppengesellschaft abgestellt werden. Ist ein solches Rating ebenfalls nicht vorhanden, wird seitens der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen akzeptiert, dass ein Unternehmensgruppenrating auf den Zeitpunkt der Darlehensvergabe anhand der Finanzierungskosten der Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten bestimmt wird.

Es kann auch ein vom Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Einzelrating des kapitalaufnehmenden Gruppenunternehmens (sog. Stand-alone Rating) zur Bestimmung eines angemessenen Zinssatzes herangezogen werden, sofern der Steuerpflichtige die Fremdüblichkeit des Einzelratings nachweisen kann. Hierzu muss u.a. die Bonitätseinschätzung inklusive fremdüblicher quantitativer und qualitativer Faktoren sowie der Effekte aus dem Bestehen der Unternehmensgruppe (sog. Konzernrückhalt) dargelegt werden.

Dabei geht es im Kern um die Frage der strategischen Bedeutung des kapitalaufnehmenden Gruppenunternehmens in Bezug auf die Gesamtunternehmensgruppe. Die Finanzverwaltung hat hierzu in ihrem Entwurfsschreiben mehrere Anhaltspunkte und einzubeziehende Aspekte veröffentlicht wie z.B. der wirtschaftlichen Bedeutung (z.B. Umsatzanteil) innerhalb der Gruppe, der Wahrscheinlichkeit einer Veräußerung des Gruppenunternehmens innerhalb von 12 Monaten oder inwiefern das Gruppenunternehmen auf geografisch wichtigen Märkten aktiv ist.

Aufgrund der oben skizzierten erhöhten Anforderungen für ab dem 1. Januar 2024 neu abgeschlossene konzerninterne Finanzierungsbeziehungen aber auch im Hinblick auf noch laufende Finanzierungsbeziehungen (Bestandsschutz ja/nein?) empfehlen wir stets die Hinzuziehung eines steuerlichen Beraters. Unsere Experten stehen Ihnen hierbei gerne zur Verfügung.

Ansprechpartner