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Steuerberatung
Wohngebäude

Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit beschlossen

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024

Am 5. Juni 2024 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 beschlossen. Dieser beinhaltet unter anderem die (Wieder-)Einführung der Wohngemeinnützigkeit. Hierfür wird in der Abgabenordnung (AO) die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ als gemeinnütziger Zweck aufgenommen. Ziel ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Hintergrund:

Die Idee der Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen ist nicht neu. Bis zum Jahr 1990 gab es bereits eine „Wohngemeinnützigkeit“, die durch das Steuerreformgesetz 1990 abgeschafft wurde. Der Gesetzesentwurf beruht auf einem entsprechenden Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, in dem vereinbart wurde, dass eine „neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen“ wieder eingeführt werden soll.

Laut dem zuständigen Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ist das Ziel der Reform, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Durch umfassende Steuererleichterungen sollen Anreize für eine vergünstigte Vermietung geschaffen werden.

Gesetzliche Änderungen nach dem Entwurf des JStG 2024:

Um aus steuerrechtlicher Sicht als gemeinnützig anerkannt zu werden, muss eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke verfolgen. Jene Zwecke sind in § 52 AO abschließend aufgezählt. Gemäß des Gesetzesentwurfes soll § 52 AO um die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 27 AO-Entwurf) ergänzt werden. Dies soll demnach dann gegeben sein, wenn Wohnraum vergünstigt an hilfebedürftige Personen überlassen wird.

„Hilfebedürftige Personen“ im Sinne des Entwurfs sind, mit Verweis auf die zur Verwirklichung mildtätiger Zwecke geltenden Regelungen des § 53 Nr. 2 AO, solche, deren Einkommen nicht mehr als das Fünf- bzw. Sechsfache (bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden) der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuchs beträgt. Die in diesem Sinne geltende Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 53 AO soll nur zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen müssen. Ob die Kriterien einer hilfebedürftigen Person im Laufe des Mietverhältnisses noch erfüllt werden, soll nicht relevant sein. Erst bei einem Mieterwechsel müsste erneut geprüft werden, ob die Voraussetzungen bei der neuen Mietpartei zu Mietbeginn erfüllt sind.

„Vergünstigt“ soll der Wohnraum nur dann überlassen werden, wenn die angebotene Miete dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt wird. Ebenfalls ausreichend soll sein, wenn die jeweilige Wohnung zu einem Mietzins vermietet wird, der nur die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung deckt und keinen Gewinnaufschlag enthält. Andernfalls läge keine Unterstützungsleistung der gemeinnützigen Körperschaft vor. Auch diese Voraussetzung soll nur zu Beginn des Mietverhältnisses und bei Mieterhöhungen zu prüfen sein.

Neben der Erweiterung der gemeinnützigen Zwecke beinhaltet der Gesetzesentwurf in § 62 AO-Entwurf auch eine rechtliche Klarstellung bezüglich der Bildung von Rücklagen zur Erfüllung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke. Hiermit soll klargestellt werden, dass die Rücklagenbildung der steuerbegünstigten Körperschaft aus der ex-ante Perspektive erfolgt. Bei umfangreichen langfristigen Investitionsvorhaben, wie sie im Immobiliensegment üblich sind, sind nachträgliche Anpassungen in der Planung unschädlich.

Einordnung und Hinweis:

Nach Schätzungen des Bundesministeriums werden circa 60 % der Haushalte in Deutschland als begünstigte Personen erfasst. Konkret könnten etwa 100 Körperschaften (Stiftungen, Vereine oder Unternehmen) und 105.000 Mieter von den Regelungen profitieren. Die Zahl der begünstigten Mieter könnte noch steigen, da die Regelung vorsieht, dass die Hilfebedürftigkeit der Mieter nur zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen muss, sodass steigende Einkommen der Mieter für die Gemeinnützigkeit unschädlich sind. Dies erscheint auf den ersten Blick großzügig und wenig bürokratisch, entpuppt sich allerdings auf den zweiten Blick als notwendig. Denn andernfalls wären gemeinnützige Körperschaften zur Wahrung ihrer Gemeinnützigkeit unter Umständen gezwungen, Mieter mit gestiegenem Einkommen zu kündigen, was zivilrechtlich nicht möglich wäre.

Das Bundesministerium geht davon aus, dass die neue Wohngemeinnützigkeit vergünstigte Überlassung von Wohnraum für sozial orientierte Unternehmen finanziell attraktiv(er) macht. Es wird geschätzt, dass sich die Steuererleichterungen auf ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr belaufen. Die Unternehmen sollen dazu angehalten werden, die erzielten Überschüsse in den Neubau, den Ankauf sowie die Modernisierung von Wohnraum zu investieren. Eine vergünstigte Vermietung im Sinne der Neuregelung soll als ideelle Zweckverwirklichung der Körperschaft angesehen werden, sodass mögliche Verluste mit anderen Einnahmen aus dem ideellen Bereich ausgeglichen werden können.

Ohne die Zuordnung zum ideellen Bereich (Vermietung nicht vergünstigt oder an nicht begünstigte Personen) wäre die Vermietung zumindest in der Regel als ertragsteuerfreie Vermögensverwaltung einzuordnen, was zwar noch nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen dürfte, jedoch für Zwecke der Finanzierung bzw. in Bezug auf das gemeinnützige Mittelverwendungsgebot von erheblicher Bedeutung wäre. Investitionen in der Vermögensverwaltung dürfen nicht mit zeitnah zu verwendenden gemeinnützigen Mitteln erfolgen.

Auch wenn der Grundgedanke hinter der Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit auf positive Rückmeldung stößt, so wird gleichzeitig Kritik geäußert, insbesondere hinsichtlich des Umfangs und vermeintlich kleinen Adressatenkreis der geplanten Neuregelung. Die Annahme, dass sozial orientierte Unternehmen genügend Überschüsse erzielen können, um Rücklagen für langfristige Investitionen zu bilden, erscheint optimistisch, zumal es die im Koalitionsvertrag noch vereinbarten Investitionszulagen nicht in den Gesetzesentwurf geschafft haben. Ob die Neuregelung tatsächlich zu mehr bezahlbarem Wohnraum führt, bleibt abzuwarten.

Über den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 wird noch im Bundestag und Bundesrat beraten. Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist allerdings erst zum Ende des Jahres hin zu rechnen. Die oben genannten Gesetzesänderungen sollen laut Entwurf am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. 
 

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