Öffentliches Recht
Die staatlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise führten und führen zu erheblichen Beeinträchtigungen des öffentlichen und privaten Lebens. Auch Unternehmen stehen dadurch vor fundamentalen Herausforderungen und teilweise existenzbedrohenden Situationen. Vor diesem Hintergrund stellen sich eine Reihe von Fragen:
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Sind und waren die Einschränkungen für Gewerbetreibende und Privatpersonen rechtmäßig?
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Sind aufgrund der verordneten Betriebsschließungen Entschädigungsansprüche gegen den Staat möglich?
Eine Übersicht über die bestehenden Beihilfen können Sie unserer Seite Finanzhilfen von Bund und Ländern entnehmen.
1. Sind die Einschränkungen, die für Gewerbetreibende und Privatpersonen bestehen, rechtmäßig?
Gewerbetreibende
Zur Bekämpfung der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie haben die Kommunen und Länder zahlreiche Allgemeinverfügungen und Verordnungen erlassen. Diese haben erhebliche Einschränkungen für Gewerbetreibende bewirkt. Inzwischen liegt eine ganze Reihe gerichtlicher Eilentscheidungen zur vollständigen Schließung und zu Beschränkungen nach der Wiederöffnung des Einzelhandels vor.
Anfänglich haben Gerichte die Allgemeinverfügungen oder Verordnungen zumeist als rechtmäßig beurteilt. Der Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung geht nach entsprechenden Eilentscheidungen grundsätzlich den wirtschaftlichen Interessen der Gewerbetreibenden vor (so z. B. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 17. April 2020 – OVG 11 S 22/20 und OVG 11 S 23/20; Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. April 2020 – 2 KM 333/20; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE; Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 26. März 2020 - 5 Bs 48/20). Erfolg hatten Gewerbetreibende bereits zu Beginn der Einschränkungen bezüglich besonderer Einzelfragen. Beispielsweise wurde der Ausschluss von Genussmitteln vom Lebensmittelbedarf für rechtswidrig erklärt, sodass ein Weinhändler nicht zur Schließung seines Geschäftes gezwungen werden durfte (Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 3. April 2020 – 7 L 259/20).
Die unterschiedlich ausgestalteten Vorschriften zur schrittweisen Öffnung von Einzelhandelsgeschäften warfen und werfen neue Rechtsfragen auf. So bestehen erhebliche Zweifel, ob die Orientierung an starren Verkaufsflächengrößen geeignet war, um einen effektiven Gesundheitsschutz im Einzelhandel zu gewährleisten. Dies haben die Gerichte unterschiedlich bewertet. Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte am 21. April 2020 entschieden, dass die Begrenzung der Verkaufsfläche (§ 8 Abs. 1 S. 2 der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung) eine nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit und eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt (Beschluss vom 21. April 2020, 3 E 1675/20) und die Antragstellerin die Vorschrift vorläufig nicht einhalten müsse. Auf die Beschwerde gegen diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht diese Entscheidung mit einer Zwischenverfügung (Beschluss vom 22. April 2020 - 5 Bs 64/20 3 - E 1675/20) vorläufig aufgehoben. Am 30. April 2020 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die Regelung rechtmäßig war und weiterhin beachtet werden muss (Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 30. April 2020 – 5 Bs 64/20). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Beschränkung der Verkaufsflächen auf 800 qm für rechtswidrig erklärt. Aufgrund der außergewöhnlichen Lage und der Befristung der Vorschrift wurde diese aber bis zum 3. Mai 2020 nicht außer Vollzug gesetzt (Bayerische Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 27. April 2020 - 20 NE 20.793). Das Saarländische Oberverwaltungsgericht hat die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 800 qm nur für einen Möbelmarkt für unzulässig erklärt, weil dieser keine Sogwirkung (d. h. Gefahr für eine Vielzahl von Käufern im Geschäft) aufweise, die mit den Regelungen gerade vermieden werden sollte. Dagegen wurde die Regelung für ein Einzelhandelsgeschäft in der Innenstadt für zulässig erklärt (Saarländisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 27. April 2020 - 2 B 143/20 und 2 B 122/20). Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung sah das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht darin, dass Einkaufszentren ihre Verkaufsstätten nicht wie der Einzelhandel mit Verkaufsflächen von bis zu 800 qm öffnen durften (Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. April 2020 – 3 MR 9/20). Eine besondere Sogwirkung des Outlet-Centers, die der Verordnungsgeber angenommen hatte, liege wegen der Einschränkungen der Reisefreiheit sowie der Schließung von Restauration und Spielplätzen auf dem Gelände nicht vor. Daher sei die Ungleichbehandlung gegenüber sonstigen Einzelhandelsstätten nicht gerechtfertigt. In Niedersachsen wurde die angeordnete Beschränkung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgeschäften auf 800 qm Verkaufsfläche für rechtmäßig erklärt (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. April 2020 – 13 MN 98/20).
Die vorgenannten Entscheidungen verdeutlichen, dass Zweifel bestehen, ob die Beschränkung der Verkaufsfläche den Gesundheitsschutz überhaupt fördern konnte. Aufgrund der Zweifel hieran dürften künftig lediglich Hygiene-, Abstands- und Kontrollmaßnahmen angemessen sein.
Privatpersonen
Auch Einschränkungen, die für Privatpersonen aus den Allgemeinverfügungen/Verordnungen zur Eindämmung des Corona-Virus resultieren, wurden anfangs weitestgehend für rechtmäßig erachtet (z. B. hinsichtlich der Versammlungsfreiheit: Verwaltungsgericht Dresden, Beschlüsse vom 30. März 2020 - 6 L 212/20 und 6 L 220/20 oder für vorläufige Ausgangssperren: Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 26. März 2020 - Vf. 6-VII-20). Am 7. April 2020 hat das Bundesverfassungsgericht erstmals in der Sache (d. h. über die Zulässigkeit hinaus) zu Einschränkungen in Grundrechte durch eine Landesverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie entschieden: Die Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie sei rechtmäßig. Die bestehenden Gefahren für Leib und Leben wiegen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts schwerer, als die Einschränkungen der persönlichen Freiheit (BVerfG, Beschluss vom 7. April 2020 - 1 BvR 755/20). Auch bei diesen Entscheidungen gab es seit Mitte April mehr und mehr Entscheidungen, die den Gesundheitsschutz nicht bedingungslos voranstellen. So hatten Verfassungsbeschwerden gegen Versammlungsverbote teilweise Erfolg, bei welchen der Veranstalter eine Reihe von Schutzvorkehrungen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus zusicherte. Insbesondere befand auch das Bundesverfassungsgericht, dass die Versammlungsbehörden nicht davon ausgehen durften, dass Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht einem Haushalt angehören, derzeit generell unzulässig seien. Stattdessen sei es erforderlich, dass im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Beeinträchtigungen der Versammlungsfreiheit gegenüber den Zielen der Eingriffe zugunsten des Gesundheitsschutzes stattfinden muss (BVerfG, Beschluss vom 15. April 2020 – 1 BvR 828/20; Beschluss vom 17. April 2020 – 1 BvR 37/20).
Auch für aktuelle und mögliche künftige Beschränkungen dürften die vorgenannten gerichtlichen Entscheidungen zu den Corona-Verordnungen als Leitlinie herangezogen werden. Kern der bisherigen Entscheidungen zu den Corona-Verordnungen ist insbesondere, dass möglichst konkrete Abwägungen zwischen der Beeinträchtigung von Grundrechten und der Förderung des Gesundheitsschutzes vorgenommen werden müssen. Beeinträchtigungen sind demnach auch in Zukunft sowohl zeitlich als auch geographisch auf einen möglichst geringen Umfang zu reduzieren und fortdauernd auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. .
2. Sind aufgrund der verordneten Betriebsschließungen Entschädigungsansprüche gegen den Staat möglich?
Nach dem Infektionsschutzgesetz („IfSG“) können die zuständigen Behörden – zumeist die Gesundheitsämter – infizierte oder einer Infizierung verdächtige Personen unter Quarantäne stellen. Gleichzeitig regelt das Gesetz, dass den Betroffenen Entschädigungsansprüche für Verdienstausfälle (sowohl von Arbeitnehmern als auch von Selbständigen) zustehen. Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt. Ein Entschädigungsantrag ist innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung bei der zuständigen Behörde zu stellen. Entschädigungsansprüche nach dem IfSG setzen gemäß § 65 IfSG voraus, dass die Maßnahme, die zum Schaden geführt hat, auf §§ 16, 17 IfSG gestützt. Mit anderen Worten: Es muss sich um eine Einzelfallanordnung einer Behörde handeln. Das ist beispielsweise bei Betriebsschließungen nach Bekanntwerden von Ansteckungen der Fall sein. Da die Allgemeinverfügungen oder Verordnungen der Länder flächendeckende Maßnahmen darstellen, die überwiegend auf der Grundlage von § 28 IfSG erlassen worden sind, sieht das Gesetz für diese keine Entschädigung vor. Die Ansicht, dass der Entschädigungsanspruch aus § 65 IfSG auf flächendeckende Verordnungen und Allgemeinverfügungen übertragen werden kann, wurde bisher gerichtlich abgelehnt (LG Heilbronn, Urteil vom 29. April 2020 – I 4 O 82/20).
Für Ausfälle aufgrund dieser Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits Hilfen angekündigt, die über Banken und Finanzierungspartner bei der KfW-Bankengruppe beantragt werden können. Um die Arbeitnehmer vor den Folgen solcher Betriebsschließungen zu schützen, wurden erleichterte Zugangsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld eingeführt.
Ob im vorliegenden Fall eine Entschädigung bei der Inanspruchnahme von sog. Nichtstörern – dies sind Personen, die selber nicht infiziert sind - auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht der Länder gestützt werden kann, ist umstritten. In Berlin kennt beispielsweise § 59 ASOG (Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin) eine Entschädigungsregelung für die Inanspruchnahme von Nichtstörern. Aber auch alle anderen landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsgesetze enthalten Entschädigungsregelungen. Die Entschädigung nach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht wird ebenfalls nur auf Antrag gewährt. Ein Nichtstörer ist zu entschädigen, weil seine Rechtsgüter zur Abwendung einer der Allgemeinheit drohenden Gefahr in Anspruch genommen werden und er deshalb ein besonderes, gerade ihm zugemutetes Sonderopfer erbringt. In der Regel besteht ein Anspruch daher nicht, wenn der Person zugemutet werden kann, den Nachteil selbst zu tragen. Das OLG Koblenz (Urteil vom 23.09.2009 - 1 U 428/09) hat einen Anspruch im Fall der „Jedermann-Maßnahme“ (dort Evakuierung wegen einer Bombenentschärfung), die zudem dem Schutz auch der Nichtstörer dient, abgelehnt. Ferner muss der Nichtstörer ein „Sonderopfer“ erbringen. Ein solches Sonderopfer setzt voraus, dass eine an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahme bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führt, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen. Dies könnte insbesondere bei existenzgefährdenden Betriebsschließungen infolge der Corona-Pandemie in Betracht kommen.
3. Welche Auswirkungen ergeben sich bei Vergabeverfahren?
Laufende Vergabeverfahren sind generell daraufhin zu überprüfen, ob die Leistung so wie ausgeschrieben, noch erbracht werden kann. Dies beinhaltet auch den Leistungszeitraum. Unter Umständen kann die gegenwärtige Situation auch eine besonders kurzfristige Vergabe erfordern. Hierfür hält das Vergaberecht die erforderlichen Maßnahmen bereit. Für den Einkauf von Leistungen, die der Eindämmung und kurzfristigen Bewältigung der Corona-Epidemie oder der Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs der öffentlichen Verwaltung dienen, kann in Gefahren- und Dringlichkeitslagen ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb in Betracht kommen. Nach dem Rundschreiben des Bundeswirtschaftsministeriums vom 19. März 2020 kann ein solches Verfahren beispielsweise für die Beschaffung von Heil- und medizinischen Hilfsmitteln, wie Desinfektionsmittel, Beatmungsgeräte, Masken und Schutzkleidung oder mobiles IT-Gerät zur Einrichtung von Homeoffice Arbeitsplätzen zur Anwendung kommen. Allerdings sind die Ausnahmevoraussetzungen eng auszulegen. Eine zu großzügige Auslegung der Ausnahmevorschriften macht das Verfahren angreifbar.
Schließlich kann unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne erneutes Vergabeverfahren eine Änderung (insbesondere Verlängerung oder Ausweitung) bestehender Verträge erfolgen. Bei Verträgen, die die Schwellenwerte für eine europaweite Ausschreibung übersteigen, ist die Änderung ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens beispielsweise zulässig, wenn eine Änderung in den ursprünglichen Vergabeunterlagen durch klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen ist. Diese Regelungen müssen Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten. Ferner darf sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändern. Darüber hinaus muss der Auftraggeber kein neues Vergabeverfahren durchführen, wenn die Änderung bzw. Erweiterung eines bestehenden Auftrags aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert (§ 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GWB).
4. Welcher rechtliche Rahmen besteht für die Bewilligung von staatlichen Beihilfen im Zuge der Corona-Krise?
(zu den einzelnen Finanzhilfen von Bund und Ländern vgl. https://www.brl.de/de/corona-task-force/finanzhilfen-von-bund-und-laendern)
Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen vom 19. März 2020
Da staatliche Beihilfen insoweit unzulässig sind, als sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Art. 107 AEUV), müssen diese bei der Kommission angezeigt und in der Regel von dieser genehmigt werden. Zur Beschleunigung und Vereinfachung dieser Verfahren hat die EU-Kommission Rahmenbestimmungen in einem sogenannten „Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des Ausbruchs von COVID-19“ festgelegt. In der ersten Fassung dieses Befristeten Rahmens wurden zur Bekämpfung der Störungen des Wirtschaftslebens der EU durch die Corona-Pandemie folgende Formen von staatlichen Beihilfen für genehmigungsfähig erklärt:
- Direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder selektive Steuervorteile: Die Mitgliedstaaten können Regelungen zur Deckung des Liquiditätsbedarfs von einzelnen Unternehmen einführen. Pro Unternehmen dürfen bis zu 800 000 Euro gewährt werden.
- Staatliche Garantien für Bankdarlehen an Unternehmen, die zur Deckung des unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs beitragen sollen.
- Vergünstigte öffentliche Darlehen an Unternehmen, die die Unternehmen bei der Deckung ihres unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs unterstützen sollen.
- Zusicherungen für bestehenden Darlehenskapazitäten bei Banken. Der Befristeten Rahmen stellt dazu klar, dass solche Fördermaßnahmen als direkte Beihilfen zugunsten der Bankkunden und nicht zugunsten der Banken selbst betrachtet werden. Weiterhin erläutert der Befristete Rahmen genauer, wie etwaige Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Banken dabei auf ein Minimum beschränkt werden können.
- Kurzfristige Exportkreditversicherungen: Der Befristete Rahmen erleichtert es den Mitgliedstaaten nachzuweisen, dass bestimmte Länder nicht als Staaten mit marktfähigen Risiken betrachtet werden können. In diesem Fall können die Mitgliedstaaten bei Bedarf kurzfristige Exportkreditversicherungen anbieten.
Der Befristete Rahmen gilt zunächst bis Ende Dezember 2020. Die EU-Kommission wird prüfen, ob eine Verlängerung für die Anwendbarkeit dieses Befristeten Rahmens erforderlich ist. Daneben können die Mitgliedstaaten auch auf der Grundlage von Artikel 107 Abs. 2 lit. b AEUV Beihilfen von der EU-Kommission genehmigen lassen, die auf die Beseitigung konkreter Schäden durch die Corona-Pandemie bei einzelnen Unternehmen gerichtet sind.
Erste Änderung des Befristeten Rahmens vom 3. April 2020
Am 3. April 2020 hat die EU-Kommission eine erste Erweiterung des Befristeten Rahmens festgelegt (C (2020) 2215 final). Darin wurden insbesondere solche Beihilfemaßnahmen als zulässig eingestuft, die die Forschung und Entwicklung von Therapien und Produkten zur Bekämpfung von COVID-19 oder den Aus- und Aufbau von Einrichtungen zur Erprobung von Produkten und den Ausbau von Kapazitäten zur Bewältigung von COVID-19 betreffen.
Zudem hat die EU-Kommission geregelt, dass auch für Unternehmen des Landwirtschafts- sowie des Fischerei- und Aquakultursektors Beihilfen in Form von direkten Zuschüssen, Steuervorteilen oder Vergünstigungen in Bezug auf andere Zahlungen oder etwa in Form von rückzahlbaren Vorschüssen, Garantien, Darlehen oder Eigenkapital gewährt werden dürfen.
Daneben hat die EU-Kommission die Voraussetzungen für Darlehensgarantien und Vergünstigungen für öffentliche Darlehen zur Bekämpfung des Ausbruchs von COVID-19 aus dem Befristeten Rahmen geändert.
Weiterhin wurde der Abschnitt des Befristeten Rahmens zu kurzfristigen Exportkreditversicherungen entsprechend der Mitteilung der Kommission über die kurzfristige Exportkreditversicherung (ABl. C 101 I vom 28.3.2020, S. 1) geändert: Die EU-Kommission erachtet bis zum 31. Dezember 2020 alle wirtschaftlichen und politischen Risiken, die mit Ausfuhren in die die 27 EU-Mitgliedstaaten, das Vereinigte Königreich, Australien, Kanada, Island, Japan, Neuseeland, Norwegen, Schweiz und die Vereinigten Staaten von Amerika als vorübergehend nicht marktfähige Risiken.
Zudem wurde der Befristete Rahmen um einen Abschnitt zu Beihilfen in Form einer Stundung von Steuern und/oder Sozialversicherungsbeiträgen erweitert. Danach werden Stundungen der Zahlung von Steuern und/oder Sozialversicherungsbeiträgen von der EU-Kommission als zulässige Beihilfen eingestuft, sofern sie von allgemeinem Charakter sind. Grundsätzlich dürfen dabei keine bestimmten Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige begünstigt werden (Ausnahmen von dieser Regel sind ebenfalls im Befristeten Rahmen festgelegt).
Auch diese Art von Beihilfen müssen bis zum 31. Dezember 2020 gewährt werden und die vorgenannten Stundungen dürfen nicht über den 31. Dezember 2022 hinaus gewährt werden.
Weiterhin hat die EU-Kommission den Befristeten Rahmen am 3. April 2020 um einen Abschnitt zu Beihilfen in Form von Lohnzuschüssen für Arbeitnehmer zur Vermeidung von Entlassungen während des Ausbruchs von COVID-19 erweitert. Voraussetzung ist auch hier, dass solche Unterstützungsregelungen für die gesamte Wirtschaft gelten und keinen selektiven Vorteil für bestimmte Unternehmen schaffen. Ferner dürfen diese Lohnzuschüsse nur für einen Zeitraum von höchstens zwölf Monaten ab dem Tag seiner Beantragung für Arbeitnehmer gewährt werden, die andernfalls aufgrund einer durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Unterbrechung oder Reduzierung der Geschäftstätigkeiten des betreffenden Unternehmens entlassen worden wären. Sie müssen zudem unter der Auflage gewährt werden, dass die betreffenden Arbeitnehmer während des gesamten Gewährungszeitraums ununterbrochen beschäftigt bleiben. Die Lohnzuschüsse dürfen höchstens 80 % des monatlichen Bruttogehalts umfassen. Die Mitgliedstaaten können jedoch – insbesondere im Interesse von Niedriglohngruppen – alternative Methoden zur Berechnung der Beihilfeintensität, beispielsweise unter Heranziehung des nationalen Durchschnitts- oder Mindestlohns, anmelden.
Zweite Änderung des Befristeten Rahmens vom 8. Mai 2020
Am 8. Mai 2020 hat die EU-Kommission den Befristeten Rahmen zum zweiten Mal geändert (C(2020) 3156). In diesem Zuge wurden insbesondere eine Reihe von Rahmenbedingungen für Rekapitalisierungsmaßnahmen festgelegt. Bestimmt wird seitdem, unter welchen Bedingungen, welchen Unternehmen (z.B. nur Unternehmen, die am 31. Dezember 2019 rentabel waren) Hilfen zur Stärkung des jeweiligen Eigenkapitals gewährt werden dürfen. Eigenkapitalisierungsmaßnahmen können insbesondere in folgenden Formen gewährt werden: Erwerb von nachrangigen Schuldtiteln, Hybridanleihen, Genussrechte, stille Beteiligungen, Wandelanleihen oder Anteilsübernahmen.
Daneben enthält der Befristete Rahmen eine Reihe von Bestimmungen zum Umfang von Hilfen in Form von Rekapitalisierungsmaßnahmen sowie zu deren weiteren Voraussetzungen (z.B. Vergütung).
Dritte Änderung des Befristeten Rahmens vom 29. Juni 2020
Am 29. Juni 2020 hat die EU-Kommission den Befristeten Rahmen zum dritten Mal geändert (C (2020) 4509). Mit dieser Erweiterung wurden insbesondere Regelungen für zulässige Beihilfen für kleine und Kleinstunternehmen (d.h. Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz und/oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 10 Mio. EUR) festgelegt.
Im Unterschied zu sonstigen Unternehmen können kleine und Kleinstunternehmen auch dann Hilfen erhalten, wenn sie bereits am 31. Dezember 2019 als sogenannte Unternehmen in Schwierigkeiten einzustufen waren. Das setzt jedoch voraus, dass sie noch keine drei Jahre bestehen, dass weder ein Insolvenzverfahren eröffnet ist noch die Voraussetzungen hierfür vorliegen und schließlich darf nicht bereits ein Kredit gewährt worden sein, der noch nicht zurückgezahlt ist und es darf keine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt worden sein, soweit das Unternehmen noch einem Umstrukturierungsplan unterliegt.
Weitere Änderungen, die am 29. Juni 2020 im Befristeten Rahmen aufgenommen worden sind, betrafen insbesondere Erläuterungen und Einzelheiten von zuvor bereits geregelten Tatbeständen und Voraussetzungen.
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Ansprechpartner
Unser Experte für öffentliches Recht in der Corona Task Force ist Dr. Christian Kahle, LL.M. Nehmen Sie bei Bedarf direkt Kontakt mit ihm auf.