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Verfassungswidrigkeit des Verlustuntergangs bei Kapitalgesellschaften

BVerfG, Beschluss v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, Pressemitteilung Nr. 34/2017 v. 12.5.2017

15.05.2017

Einführung

Bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften gilt das Trennungsprinzip, d.h. die Kapitalgesellschaft wird getrennt von ihren Anteilseignern besteuert. Was auf Ebene des Gesellschafters passiert, hat damit grundsätzlich keinen Einfluss auf die Besteuerung der Gesellschaft. Anders ist es beim Verlustabzug nach § 8c KStG. Der Verlustvortrag der Kapitalgesellschaft fällt anteilig weg, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25% und bis zu 50% der Anteile übertragen werden (sog. schädlicher Beteiligungserwerb). 

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Mit Beschluss vom 29.3.2017 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelung des anteiligen Verlustuntergangs (§ 8c Satz 1 KStG, jetzt: § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) mit dem Grundgesetz unvereinbar sei. Gegen den Gleichheitsgrundsatz werde verstoßen, da sich ein sachlicher Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lasse.

Die Missbrauchsgefahr durch einen sog. Mantelkauf könne nicht herangezogen werden, da eine Übertragung von mehr als 25% der Anteile alleine noch nicht die Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung begründe. Auch der Grundsatz, dass dasjenige Steuersubjekt, das den Verlustabzug nutzen möchte, mit demjenigen Steuersubjekt identisch sein müsse, das den Verlust erlitten hat, könne nicht als Rechtfertigung dienen, da bei einer Übertragung von mehr als 25% und bis zu 50% der Anteile eine Identitätsänderung im Regelfall nicht vorliege.

Hinweis

Der Gesetzgeber ist deshalb aufgefordert, bis zum 31.12.2018 eine Neuregelung rückwirkend für die Zeit ab dem 1.1.2008 bis zum 31.12.2015 zu schaffen. Scheitert es an einer Neuregelung, tritt ab 1.1.2019 rückwirkend die Nichtigkeit des anteiligen Verlustuntergangs ein. Für die Zeit ab dem 1.1.2016 ist aufgrund der Einführung des § 8d KStG eine Verfassungswidrigkeit gesondert zu prüfen.