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Hat der Betriebsrat ein generelles Recht zur Einsichtnahme in die digitale Personalakte?

02.07.2020

Hat der Betriebsrat ein generelles Recht zur Einsichtnahme in die digitale Personalakte? Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf beantwortete diese Frage in seiner Entscheidung vom 23.6.2020 (Az:  3 TaBV 65/19) eindeutig mit „nein“. Der bisher vorliegenden Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat vereinbarten, einzelnen Betriebsratsmitgliedern einen permanenten Zugriff auf fast alle digitalen Personalakten zu gewähren. Die Arbeitgeberin verwehrte später diesen Zugriff. Demzufolge kam es zu dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren.

Für die Unwirksamkeit des umfangreichen Einsichtsrechts in die digitale Personalakte führt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf das allgemeine Persönlichkeitsrecht jedes einzelnen Arbeitnehmers/in an. Dieser grundrechtliche Schutz sei auch durch etwaige Vereinbarungen der Betriebsparteien zu wahren.

In § 83 Abs. 1 S. 2 BetrVG erlaubt der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer/in, ein Betriebsratsmitglied zum Einsehen in seine Personalakte hinzuziehen. Das Betriebsratsmitglied hat darüber Stillschweigen zu bewahren. Die Initiative zur Einsichtnahme in die ganze Personalakte durch ein einzelnes Betriebsratsmitglied, kann demnach nur von dem jeweiligen Arbeitnehmer ausgehen. Für das ganze Gremium hat der Gesetzgeber kein Einsichtsrecht in die Personalakte vorgesehen.

Im Zusammenhang mit einer digitalen Personalakte stehen dem Betriebsrat jedoch umfangreiche Mitbestimmungs- und Kontrollrechte im Hinblick auf IT-Systeme zu. Der Betriebsrat hat u.a. einen Informationsanspruch und damit ein Recht auf alle notwendigen Informationen zur Überprüfung der Einhaltung des Datenschutzes, des jeweiligen Mitbestimmungsrechts und zur Einführung und Anwendung von technischen Überwachungseinrichtungen. Diese Informationen müssen dem Betriebsrat zugänglich gemacht werden.

Zu diesen Informationen gehören z.B. die gespeicherten, personenbezogenen Daten, die Dauer der Speicherung, der Speicherort als auch die Zugriffsberechtigungen oder die technischen organisatorischen Maßnahmen zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang hat der Betriebsrat auch ein Informationsrecht über die Einhaltung der Regelungen im Hinblick auf etwaige Leistungs- und Verhaltenskontrollen, die durch ein derartiges IT-System grundsätzlich möglich sind. Dazu gehören allerdings nicht alle Inhalte der in der digitalen Personalakte gespeicherten Dokumente wie z. B. Abrechnungen, Arbeitsvertrag, Abmahnungen usw. Die Dokumente sind dem Betriebsrat allenfalls ausgewählt unter der Voraussetzung vorzulegen, dass er im Zusammenhang mit spezifischen Dokumenten ein erforderliches Informationsinteresse darlegen kann. Dies ist dann gegeben, wenn der Betriebsrat die Erforderlichkeit der Kenntnis der Dokumente zur Durchführung seiner Aufgaben begründen kann. Ein generelles und permanentes Einsichtsrecht in alle Dokumente in der Personalakte steht dem Betriebsrat nicht zu.

Im Rahmen der Umsetzung der Mitbestimmungsrechte ist darauf zu achten, dem Betriebsrat grundsätzlich nur über die zuvor genannten technischen und datenschutzrechtlich relevanten Aspekte zu informieren, damit die Rechte der jeweiligen Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer gewahrt werden.

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber im Hinblick auf die in der Personalakte gespeicherten Dokumente nur die Informationen verlangen, die er zur Durchführung seiner gesetzlichen Tätigkeiten benötigt. Das sind zum Beispiel im Falle von betriebsbedingten Kündigungen die Sozialdaten für die Sozialauswahl. Alle anderen Daten sind aus Sicht der Arbeitnehmer auch gegenüber dem Betriebsrat schutzwürdig, solange keine gesetzliche Aufgabe im Rahmen der Mitbestimmung besteht.

Auf diese Trennung zwischen Systemdaten der digitalen Personalakte und dem Inhalt der Personalakte ist bei der Information des Betriebsrates und bei der Ausgestaltung von Betriebsvereinbarungen genau zu achten.